Die Woche voraus:
Markt-Update von Allianz Global Investors

Asien profitiert vom De-Dollarisierungstrend
Die Marktteilnehmer machen sich Sorgen um die Glaubwürdigkeit und die langfristige fiskalische Tragbarkeit der US-Politik. Das hat die Vorstellung von der Ausnahmestellung der USA untergraben. Deshalb sind die Kurse von US-Staatsanleihen (Treasuries) gefallen, und der USDollar (USD) hat kräftig abgewertet. Die Rendite von 30-jährigen Treasuries liegt inzwischen bei über 5,0%, und der US-Dollar-Index notiert unter seinem Drei-Jahres-Tiefstand (vgl. unsere Grafik der Woche). Auch am US-Aktienmarkt kam es zu umfangreichen Verkäufen, sodass der Standard & Poor‘s 500-Index – der sich nach dem durch die „reziproken Zölle“ ausgelösten Schock im April wieder kräftig erholt hatte – nicht weiter zulegen konnte.
Unseres Erachtens gibt es sowohl strukturelle als auch zyklische Ursachen für die jüngst am Markt aufgekommenen Befürchtungen:
Strukturell haben die Ratingherabstufung durch Moody‘s und die knappe Verabschiedung der „Budget Reconciliation Bill“ (Präsident Trumps „großes, schönes Gesetz“) im Repräsentantenhaus die Aufmerksamkeit der Märkte wieder auf die Frage gelenkt, ob die US-Verschuldung dauerhaft tragbar ist. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Schuldenlast sowie der Befürchtung, dass in den kommenden Jahren das Wachstum stagnieren, die Inflation hartnäckig bleiben und die Zinsen hoch sein könnten, hat sich das Verhältnis zwischen Zinssatz und Wachstumsrate in den USA deutlich verschlechtert. Davon hängt jedoch die Entwicklung der Staatsverschuldung entscheidend ab.
Auf der zyklischen Ebene haben Trumps aggressive Politik gegenüber illegalen Einwanderern, bei Zahlungsausfällen auf Studienkredite und in Zollfragen das Verbraucherund Anlegervertrauen gedämpft. Das Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürfte sich daher im zweiten Quartal 2025 deutlich verlangsamen, was die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in diesem Jahr erhöht. Weil die Ausnahmestellung der USA nicht mehr als gegeben hingenommen wird, lenken die Investoren einen größeren Teil ihres Kapitals in nicht in USD denominierte Vermögenswerte rund um die Welt.
Aus unserer Sicht sollten asiatische Volkswirtschaften, Währungen und chancenreichere Vermögenswerte von der derzeitigen Markteinschätzung profitieren:
Erstens notieren die asiatischen Währungen fester, wenn der US-Dollar unter Druck gerät, sodass die asiatischen Zentralbanken die Leitzinsen senken können. In jüngster Zeit wurden die Leitzinsen in Indien, den Philippinen, Thailand, China und Indonesien reduziert, und weitere Zentralbanken dürften folgen. Niedrigere Zinsen stützen die Binnennachfrage und das Wirtschaftswachstum in Asien gerade vor dem Hintergrund, dass die Außenhandelssituation unsicher ist.
Zweitens führen Sorgen um die Tragbarkeit der US-Verschuldung dazu, dass eine verstärkte Wechselkursabsicherung betrieben wird und mehr Kapital nach Asien fließt. Davon profitieren einerseits die asiatischen Währungen und andererseits die Aktien- und Rentenmärkte der Region. Die plötzliche Aufwertung des Taiwan-Dollars (TWD) Anfang Mai dürfte zum Beispiel durch USDHedgingtransaktionen seitens taiwanesischer Lebensversicherungsgesellschaften ausgelöst worden sein.
Im globalen Maßstab ist der USD als Weltreservewährung ebenso wenig zu ersetzen wie USD-Vermögenswerte. Dennoch möchten wir dazu raten, angesichts der raschen Stimmungsumschwünge an den Märkten vorsichtig zu sein und Positionen gegebenenfalls flexibel umzuschichten.
Druck auf den US-Dollar stützt asiatische Währungen

Quelle: Bloomberg, AllianzGI Global Economics & Strategy, 27.05.2025
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft.
Die Woche voraus
In der kommenden Woche sind vor allem die Wachstumsdaten aus Europa und die Leitzinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) von Interesse. Außerdem werden in den USA die Ergebnisse der Umfragen zum Unternehmensklima sowie Arbeitsmarktdaten veröffentlicht.
Im Euroraum wird der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im Euroraum für Mai Aufschluss darüber geben, wie die Stimmung im produzierenden Gewerbe angesichts der drohenden US-Zollerhöhungen ist. Außerdem werden die Produzentenpreise und die Einzelhandelsumsätze für April sowie die BIP-Daten für das erste Quartal veröffentlicht, was uns etwas über die aktuelle Wachstums- und Inflationsdynamik in der Region verraten wird. Besondere Beachtung dürfte die Leitzinsentscheidung der EZB am Donnerstag finden. Allgemein gehen die Marktteilnehmer davon aus, dass die EZB im Mai stillhält. Das Protokoll der April-Sitzung lässt jedoch vermuten, dass eine Leitzinssenkung im Juni wahrscheinlicher wird.
In den USA bilden die Einkaufsmanagerindizes des Institute of Supply Management (ISM) für Mai das Unternehmensklima ab. Die Marktteilnehmer rechnen damit, dass sich die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe angesichts der Zölle etwas eintrübt. Der Index für den Dienstleistungssektor könnte dagegen ansteigen. Außerdem werden in der kommenden Woche die Zahl der freien Stellen in den USA im April und die Beschäftigungsdaten für Mai veröffentlicht. Die Marktteilnehmer erwarten, dass im Mai außerhalb des Agrarsektors noch 130.000 neue Stellen geschaffen wurden; im April waren es 177.000 gewesen. Der Beschäftigungsaufbau dürfte sich also verlangsamen.
Hoffen wir, dass Sie dauerhaft Ausnahmeerträge erzielen!
Christiaan Tuntono
Senior Economist, Asia Pacific