Die Woche voraus:
Markt-Update von Allianz Global Investors

Unsicherheitsprämie
Die Risikoprämie ist wissenschaftlich gut erforscht, dennoch heiß diskutiert, und am Ende soll sie immer wieder die Begründung dafür liefern, dass es sich mittel- bis langfristig lohnt, Risiken beim Investieren einzugehen. Zumindest unsere historische Betrachtung für den US-amerikanischen Markt zeigt, dass bis zum Jahr 1800 zurück fast alle Anlageperioden mit einem Horizont von 30 Jahren für Aktien eine positive Risikoprämie gegenüber einer Alternativanlage in Staatsanleihen brachten. Das Risiko hatte sich also gelohnt.
Die Unsicherheitsprämie ist dagegen kaum bekannt und dabei genau das, was Investoren in diesen Tagen an den Kapitalmärkten erleben. Unsicherheit ist, anders als Risiko, weder abschätzbar noch berechenbar – ähnlich der von US-Präsident Donald Trump losgetretenen Zollpolitik. Entstehen Unsicherheiten, kommt es zu Kursabschlägen in Form einer „Prämie“.
Wie hoch die Unsicherheit ist, das zeigt der Indikator für wirtschafts-politische Unsicherheit, der noch deutlich weiter nach oben ausschlägt als der Indikator für geopolitische Unsicherheit (vergleiche Grafik der Woche). Bei beiden Indikatoren handelt es sich um Word-Count-Algorithmen, welche die Berichterstattung in den inländischen bzw. regionalen Leitmedien widerspiegeln.
Diese Unsicherheit kommt an den Kapitalmärkten an. Sie liefert auch eine Begründung dafür, warum zwischenzeitlich die 10-jährige US-Staatsanleihe um fast 0,5% anstieg. Dies war der stärkste Anstieg seit 2001. Ein Anstieg, der die Präsidentin der Bostoner Federal Reserve, Susan Collins, veranlasste zu erklären, die US-Notenbank sei „absolut bereit“, ihre Feuerkraft einzusetzen, um die Finanzmärkte zu stabilisieren, sollte die Lage unruhig werden.
Im Gefolge des angeknacksten Anleihemarktes hatte auch der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert verloren. Nicht auszuschließen, dass sein Status als Weltreservewährung am Ende sogar angezählt wird, und damit eines Status‘, den ihm der chinesische Renminbi längst schon streitig zu machen versucht. Letztlich fußt das Vertrauen einer Reservewährung auf Stabilität in Kaufkraft und der Verlässlichkeit in Institutionen. Das schleichende Gift der Unsicherheit untergräbt dagegen jede Form von Verlässlichkeit.
Steigende Anleiherenditen, und – werden die Leistungsbilanzsalden gegenüber den USA in Folge der Zölle dann tatsächlich geringer – sinkender Bedarf an Dollar-Assets, das kann einem Staat schnell gefährlich werden. Umso mehr in einem Umfeld, in dem das öffentliches Budget immer weiter ausufert, und er von internationalen Investoren abhängig ist. Am Ende ist es dann vielleicht tatsächlich der Druck der Kapitalmärkte, der für mehr Verlässlichkeit und damit weniger Unsicherheit sorgt.
Was hinter der Aufregung um die US-amerikanische Zollpolitik zurückgetreten ist, ist die Berichtssaison, die mittlerweile in den USA, wenn auch recht unspektakulär, angelaufen ist. Wichtig aber sind die Ausblicke, welche die Firmen in einem von Unsicherheiten belasteten Umfeld geben. Die Dynamik der Gewinnrevisionen fällt bereits ab, es werden also deutlich häufiger Gewinnerwartungen herunterrevidiert als nach oben angepasst.
Index der geopolitischen Risiken und Index der wirtschaftspolitischen Unsicherheit (jeweils USA)
Quelle: LSEG Datastream, AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research, 14.04.2025.
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft.
Die Woche voraus
In der neuen Woche stehen einige beachtenswerte Daten zur Veröffentlichung an. Den Auftakt macht am Dienstag das Verbrauchervertrauen für die Eurozone. Am Mittwoch dann folgen die Flash-Einkaufsmanagerindizes des verarbeitenden Gewerbes ebenfalls für die Eurozone, sowie die USA und weitere Länder an. Am Donnerstag dann folgt der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland. Da die Zollpolitik zumindest teilweise in den Erhebungszeitraum gefallen sein dürfte, sollten die Indikatoren von dieser Unsicherheit nicht frei sein. Am Mittwoch treffen sich dann noch die G 20 Finanzminister.
In der neuen Woche wird es also vor allem um die Frage gehen, ob die Unsicherheit zumindest etwas vermindert werden kann. Abschätzbar ist dies nicht. Gut ist, dass die technische Lage für die wichtigsten Indizes eine überverkaufte Situation anzeigt, gemessen an den RelativeStärke-Indikatoren.
Eine Woche der Verlässlichkeit wünscht Ihnen
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
PS.: In Deutschland beginnt die Dividendensaison.
Ein guter Anlass über Kapitaleinkommen nachzudenken.