Die Woche voraus:
Markt-Update von Allianz Global Investors
„America First“
In der kommenden Woche dürfte, wenn schon nicht gesamt Amerika, so doch die USA ganz oben auf der Agenda stehen.
Der Wochenstart beginnt mit der Amtseinführung Donald Trumps als Präsident der USA. Die zweite Amtszeit von Präsident Trump fällt zusammen mit einem Auseinanderdriften der Volkswirtschaften in puncto Wachstum, Inflation und Zinsen. Die von dem ins Amt zurückkehrenden US-Präsidenten verkündeten Zollschranken dürften es nicht einfacher machen. Die Frage ist, ob sich die zu beobachtenden Divergenzen verstärken oder angleichen. Doch der Reihe nach:
Konjunktur: Unser „Macro Breadth Growth Index“ („Makro-Breitenindikator“, der die globale Konjunkturlage auf einen Indikator aggregiert) ist im Dezember weiter gestiegen und deutet auf ein weiterhin über dem Potenzial liegendes globales BIP-Wachstum (BIP: Bruttoinlandsprodukt) im vierten Quartal hin. Die Verbesserung wurde durch freundlichere Daten in den USA und Japan sowie durch eine Erholung in der Eurozone und China angetrieben. Demgegenüber steht eine Verschlechterung im Vereinigten Königreich und in mehreren Schwellenländern, darunter Indien, die Türkei und Mexiko. Während sich die „harten“ Konjunkturdaten zum Jahresende hin verbesserten, schwächte sich die Stimmung der Unternehmen und Verbraucher weltweit ab und blieb unter ihrem längerfristigen Durchschnitt. Die sektoralen Trends blieben uneinheitlich, wobei der Dienstleistungssektor weiterhin die Konjunktur ankurbelte, während das verarbeitende Gewerbe nur allmähliche Anzeichen einer Erholung zeigte. Das verarbeitende Gewerbe dürfte jedoch in den kommenden Monaten zumindest einen vorübergehenden Aufschwung erleben, der durch den Aufbau von Lagerbeständen und die Vorverlagerung der Produktion durch die Unternehmen im Vorfeld der US-Zollerhöhungen unterstützt wird. Die Disinflationsdynamik hat nachgelassen, wie der weitere Anstieg des Macro Breadth Inflation Index in Folge zeigt. Die Konsensprognosen sowohl für das BIP als auch für den Verbraucherpreisindex wurden auf BIP-gewichteter Basis erneut nach oben korrigiert, was die sich verändernde Wirtschaftslage widerspiegelt.
Zölle: Zölle, in welcher Form und Höhe sie dann am Ende auch immer zum Tragen kommen sollten, beschleunigen die Deglobalisierung. Die von Präsident Trump geforderten höheren Zölle auf Waren aus China, Mexiko, Kanada sowie von anderen wichtigen Handelspartnern, würden den Handel beeinträchtigen und könnten global zu mehr Protektionismus führen. Sollten sie vollständig umgesetzt werden, ist zusätzlich mit Gegenmaßnahmen zu rechnen. Das wiederum dürfte die Versorgung mit allen möglichen Produkten - von Batterien bis hin zu Elektroautos - gefährden und die Preise für Verbraucher und Unternehmen nach oben treiben. Eine Schwächung des weltweiten Wachstums wäre die Folge, gleichzeitig wird die Inflation gefördert. Letztlich werden Zölle von den Verbrauchern an der Ladenkasse gezahlt, und nicht von den exportierenden Unternehmen, ganz zu schweigen von den Herkunftsländern (vgl. unsere Grafik der Woche).
Während höhere Zölle bereits zu einem gewissen Grad an den Aktien-, Anleihen- und Währungsmärkten eingepreist werden, bleibt es abzuwarten, wie am Ende die genaue Strategie aussehen wird. Eine Möglichkeit wäre z.B., dass Präsident Trump von seiner länderbezogenen Politik abweicht, und mehr auf Sektoren setzt um die heimische Wirtschaft gezielter zu umhegen.
Kapitalmärkte: Es muss sich zeigen, ob das „America First“ an den Kapitalmärkten Bestand hat. Die globalen Zuflüsse in Aktienfonds zeigen für das Gesamtjahr 2024 eine merkliche Dominanz an: Wie die Berechnungen der Bank of America zeigen, flossen 73% der Gelder in den US-Markt, knapp 20% Aktien der aufstrebenden Staaten, während am europäischen Markt Abflüsse zu verzeichnen waren. Diese Konzentration auf einen Markt, der sich dann in den Zuflüssen in die sogenannten „Glorreichen 7“ (die mittlerweile 35% der Marktkapitalisierung des S&P 500 umfassen) weiter verdichtete, lässt die Unwucht noch deutlicher zu Tage treten.
Die Umsetzung der Zoll-Vorhaben1 hätte enorme Auswirkungen auf den durchschnittlichen Tarifsatz von in die USA importierten Gütern.
1Annahe: Zölle werden vom derzeitigen Niveau auf das Niveau angehoben, von dem Präsident Trump gesprochen hat.
Quelle: Allianz Global Investors Global Economics & Strategy, Bloomberg, United States International Trade Commission (Daten vom 27. November 2024), Truth Social vom 25. November 2024.
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft.
Die Woche voraus
Dass sich diese Konzentration in der kommenden Woche verkehrt, ist kaum zu erwarten, dafür ist auch die Datenlage zu gering. Am Dienstag stehen die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland an. In der aktuellen ökonomischen Situation ist jeder Silberstreif am Horizont willkommen. Den am Donnerstag in den USA anstehenden Erstanträgen auf Arbeitslosenunterstützung und den Anträgen auf Arbeitslosengeld sollte das Hauptaugenmerk gehören. Gerade nach dem jüngsten Arbeitsmarktbericht für die USA ist die Unsicherheit gestiegen, inwieweit die Federal Reserve Bank (Fed) ihren Zinssenkungskurs wie erwartet fortfahren kann.
Zum Wochenschluss tagt die Bank of Japan (BoJ). Wenn die Inflationsprognosen der japanischen Zentralbank eintreffen, würde selbst eine allmähliche weitere Anhebung des Leitzinses, wie sie derzeit in den Terminzinssätzen am japanischen Geldmarkt eingepreist ist, die Realzinsen immer noch tief im negativen Bereich und die Geldpolitik übermäßig akkommodierend belassen. Das zeigt, dass das Risiko einer schnelleren und/oder energischeren Normalisierung der Geldpolitik in Japan durchaus besteht.
Dazu kommen eine Serie an Sentimentindikatoren zur Verbraucherstimmung im Vereinigten Königreich sowie der Stimmungslage der Einkaufsmanager für Japan, die USA und Europa.
Neben den anstehenden Konjunkturdaten nimmt auch die Berichtssaison der Unternehmen Fahrt auf. Traditionell haben die US-amerikanischen Großbanken bereits ihre Gewinnentwicklung für das vierte Quartal des letzten Jahres sowie für das Gesamtjahr vorgelegt. Auch muss sich 2025 erweisen, ob das „America Frist“, dass sich über die letzten Jahre nicht nur bei der Indexentwicklung des MSCI-USA gegenüber dem MSCI-Welt ex USA in Form einer deutlichen Outperformance zeigte, sondern auch bei den deutlich höheren Gewinnerwartungen für US-Unternehmen, fortsetzt. Nur so wäre auch die merklich höhere Bewertung des US-amerikanischen Aktienmarktes auf Dauer zu rechtfertigen.
Performance „first“ meint Ihr
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research