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Markt-Update von Allianz Global Investors

Lotuseffekt

Der Lotuseffekt beschreibt das Phänomen, dass Wasser und Schmutzpartikel von bestimmten Oberflächen nahezu rückstandslos abperlen. Flüssigkeiten finden keine Haftung, Schmutz kann daher leicht weggeschwemmt werden. Wie Wasser auf dem Lotusblatt perlen viele Unsicherheitsfaktoren derzeit scheinbar spurlos von den globalen Kapitalmärkten ab.

Da wären zum einen die zahlreichen geopolitische Konfliktherde. Die größte Volatilität brachte zuletzt der israelische Militärschlag gegen iranische Atomanlagen, inklusive der Luftschläge der Vereinigten Staaten. Bei der Beurteilung von geopolitischen Ereignisrisiken ist vor allem zu beobachten auf welchen Kanälen sich solche Schocks in Wirtschaft und Märkte übertragen könnten. Der Ölpreis war zwar sprunghaft angestiegen, vom Niveau her blieb er jedoch in seiner gewöhnlichen Handelsspanne. Zudem hat er sich nach dem Ende der Eskalationsspirale schnell beruhigen können. Dies ist der Hauptgrund warum zu erwarten ist, dass sich die Folgen für das wirtschaftliche Sentiment in Grenzen halten dürften. So blieben vom Ölpreis abgesehen auch die Finanzmärkte vergleichsweise unbewegt, was wiederum die Auswirkungen auf die Wirtschaft begrenzt.

Neben der unsicheren politischen Lage könnten sich die Anleger auch über den Konjunktur- und Inflationsausblick besorgt zeigen, aber auch hier konnten bisher viele Probleme abperlen. So scheinen sich die Folgen der am 2. April begonnenen handelspolitischen Zuspitzungen seitens der US-Regierung zunächst noch in Grenzen zu halten. Auf der konjunkturellen Seite liegt dies zum einen an verschiedenen Vorzieheffekten, besonders für das Verarbeitende Gewerbe. Zum anderen milderte das Zurückrudern von US-Präsident Trump bei Zollsätzen und Handelshemmnissen die Wirkung der Anfang April verkündeten Politik deutlich ab.

Der 90-tägige Aufschub endet in diesen Tagen und die Unsicherheit für Unternehmen und Verbraucher bleibt bestehen – negative Folgen für Investitionen und Konsum bleiben das Basisszenario. Zudem nimmt die US-Regierung trotz der zwischenzeitlich abgemilderten Zollsätze zunehmend mehr Geld mit den Zöllen ein. Es entstehen also schon Kosten: entweder beim Im- oder Exporteur in Form von geringeren Gewinnmargen oder beim Endverbraucher in Form höherer Preise. In den Konjunkturdaten haben sich diese Effekte bislang noch in vertretbaren Dosen gezeigt. Noch scheinen viele Anbieter vor den Zöllen eingelagerte Waren zu verkaufen und die Lage zu beobachten. Ihre Bereitschaft zu zügigen Preisanhebungen haben sie in Umfragen allerdings schon signalisiert. Es könnte sich also weiter eine unliebsame Mixtur von nachlassender Wirtschaftsaktivität und höheren Preisen entwickeln.

Der Lotuseffekt auf den Kapitalmärkten wird auch durch Hoffnungen genährt. Zuvorderst durch die Hoffnung, dass nach einigen Momenten des Zurückruderns der US-Regierung man zukünftig auf allzu konjunktur- und marktschädliche Maßnahmen verzichten könnte. Die Zolleinnahmen in den USA könnten für eine Fortsetzung der 2017 eingeführten Steuersenkungen genutzt werden. Derzeit ist sogar geplant, darüber hinaus noch weitere Steuererleichterungen zu beschließen, z. B. für Überstunden und Trinkgelder. Hoffnungen bestehen auch, dass sich womöglich in letzter Minute vor dem Stichtag 9. Juli noch Absprachen ergeben, Zölle und Handelsschranken abzumildern, wenn auch zunächst symbolischer Natur. Losgelöst von der viel Aufmerksamkeit absorbierenden US-Politik entwickelt sich die Hoffnung, dass Europa einige seiner Hausaufgaben macht (die Bankenunion als ein Beispiel), mehr Nachfrage entfaltet und womöglich sogar ein wenig Bürokratieabbau auf der Angebotsseite schafft. Gerade in Deutschland verbessern sich in kleinen Schritten einige Frühindikatoren. Ein Anfang ist also gemacht.

US-Unternehmen könnten auf Zollpolitik mit Investitionszurückhaltung reagieren

Quelle: Allianz Global Investors Global Economics & Strategy, Bloomberg (Daten vom 17. Juni 2025). Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft.

Vor allem diese Hoffnungen scheinen wie der schützende Film des Lotusblattes auf die Kapitalmärkte zu wirken. Einige Indizes haben in diesen Tagen neue Allzeithochs markiert, allen voran der amerikanische Leitindex S&P 500. Die technische Situation sieht wieder vielversprechend aus. Nach der beeindruckenden Erholung seit Mitte April dürften die wieder gestiegenen Bewertungen allerdings wenig Puffer für Unvorhergesehenes bieten. Hoffentlich hält der Schutzfilm.

Lassen Sie in der Zwischenzeit auch mal den Alltag an sich abperlen.

Schöne Ferien wünscht Ihnen

Stefan Rondorf
Senior Investment Strategist, Global Economics & Strategy

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