Energie und Klima
Ohne Infrastruktur ist die Energiewende am Ende

Deutschland setzt auf erneuerbare Energien, um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dabei spielen Windparks, grüne Gase und innovative Technologien wie batteriegetriebene Züge eine zentrale Rolle. Der Ausbau der Infrastruktur, einschließlich Stromnetzen und Wasserstoffpipelines, erfordert erhebliche Investitionen und die Unterstützung durch privates Kapital, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten.
Deutschland hat eine lange Geschichte der erneuerbaren Energien. Dieses Jahr feiert das Walchenseekraftwerk seinen 100. Geburtstag. Vor fast 40 Jahren wurde Deutschlands erster Windpark errichtet. Heute ist Deutschland mit 30.000 Anlagen hinter China und den USA das Land mit den meisten Windrädern. Unser Land setzt auf grüne Energie, aber mehr grüne Energien brauchen auch mehr Infrastruktur.
Die durch den Angriff auf die Ukraine bedingte Energiekrise hat die Bedeutung der Versorgungssicherheit unterstrichen. Die Energiewende hat das Potenzial, die Abhängigkeit Europas von (fossilen) Energieimporten deutlich zu reduzieren und diese durch in Europa erzeugten grünen Strom und grüne Gase zu ersetzen. Neben der Energiesicherheit bleibt auch das Ziel der Bundesregierung, Deutschland bis 2045 in die Klimaneutralität geführt zu haben.
Neben der Energieerzeugung ist die Dekarbonisierung des Verkehrssektors eine wichtige Säule auf dem Weg zur Klimaneutralität, die die Substitution von fossilen Kraftstoffen durch grüne Gase und Strom vorsieht. Auch mit Hilfe von privatem Kapital, wie zum Beispiel von der Allianz und weiteren institutionellen Anlegern, können entsprechende Projekte auf den Weg gebracht werden.
So sind seit Ende vergangenen Jahres mit neuen Akkuzügen in Schleswig-Holstein die weltweit ersten batteriegetriebenen Züge im regelmäßigen Linienbetrieb unterwegs. Diese batterieelektrischen Triebzüge ersetzen die bisherigen Dieselzüge, die bisher mangels elektrifizierter Strecke unterwegs waren. Jährlich könnten so 10 Millionen Liter Diesel und rund 26.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Grüne Gase können ein weiterer wichtiger Baustein für den Energiemix Deutschlands werden. Die Bundesregierung hat dies mit ihrer Wasserstoffstrategie adressiert, denn Wasserstoff kann nicht nur eine Rolle in der Energieversorgung spielen, sondern auch im Schwerlast-, Flug- und Schiffverkehr. Für die Produktion von Wasserstoff wird Strom benötigt. Man ist sich darin einig, dass der gestiegene Strombedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt werden soll.
Mehr Energie braucht mehr Netze
Ohne den Ausbau von Stromnetzen, Verteilerstationen, aber auch Speichertechnologien und Gasnetzen zum Beispiel für den Transport von grünen Gasen wie grünem Wasserstoff, wird es nicht gehen. Die bestehende Infrastruktur in Deutschland, beispielsweise im Bereich der Stromübertragung, ist oft mehrere Jahrzehnte alt. Zudem kämpfen schon jetzt einige Stadtwerke mit der Überlastung ihrer Stromnetze. Ein zentraler Baustein ist auch das Errichten von Hochspannungs- Stromtrassen, um insbesondere weitere Offshore-Anlagen anzubinden und die Verteilung von Strom innerhalb des Landes besser steuern zu können. Laut Netzentwicklungsplan 2023 erfordert allein der Ausbau der Stromtransportnetze Investitionen in Höhe von etwa 250 Mrd. Euro bis 2035.
Um diese und andere Mammutprojekte in den nächsten zehn Jahren fertigstellen zu können, müssen diese jetzt starten. Angesichts des Staatshaushaltes, der immer mehr unter Druck gerät, werden andere Kapitalquellen nötig sein. Neben dem Finanzierungsaufwand ist dann auch ein zügiger Genehmigungsprozess notwendig, um all die Projekte bewerkstelligen zu können. Erfahrene Investoren können hier gute Partner sein.
Interkonnektor NeuConnect
Ein Beispiel ist der Interkonnektor Neu- Connect, der die erste unterirdische Stromverbindung zwischen Deutschland und Großbritannien sein wird und vor kurzem Spatenstich gefeiert hat. Gestartet 2017, ist die Fertigstellung für 2028 geplant. Die Eigentümer sind institutionelle Anleger wie die Allianz, die die Altersvorsorge und Lebensversicherungen ihrer Versicherten anlegen und einen langfristigen Anlagehorizont mitbringen.
Gerade auf Wasserstoff ruhen viele Hoffnungen in punkto Energiesicherheit, Energiewende und Wettbewerbsfähigkeit. Dank seiner Speicherfähigkeit kann Wasserstoff auch die Stromversorgung in Zeiten einer geringen Einspeisung von erneuerbaren Energien sichern. Allerdings werden wir nicht in der Lage sein, den Bedarf an grünem Wasserstoff selbst zu produzieren. Der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland sieht unter anderem den Import von rund 50 bis 70% grünem Wasserstoff aus anderen Ländern vor, wofür sich in Europa vor allem die nördlichen und südlichen Länder aufgrund besserer klimatischer Bedingungen anbieten.
Nicht nur Speicherinfrastruktur, sondern auch Elektrolysekapazitäten und Pipelines werden gerade geplant. Dabei werden allein für die Errichtung des H2-Kernnetzes von knapp 10.000 km ca. 20 Mrd. Euro veranschlagt.
Die Herausforderung, die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu sichern ist groß. Riesige Anstrengungen seitens Politik und Wirtschaft werden gerade unternommen, um jetzt die Infrastruktur von morgen zu errichten, die mehr erneuerbare Energien erzeugen, Wasserstoff transportieren und Strom speichern und übertragen kann.
Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, wird allein in Deutschland mit ca. 700 Mrd. Euro an Investitionen bis 2030 gerechnet. Privates Kapital von Versicherungen, Pensionsfonds und Versorgungswerken, die die Altersvorsorge ihrer Kundinnen und Kunden langfristig anlegen, kann daher für die Umsetzung der Energieinfrastrukturwende entscheidend sein. Und Europa hat hier auch noch großes Potenzial: Laut der Datenbank Preqin verfügt Europa über Kapital von Versicherungen, Pensions- und Staatsfonds von 15.000 Mrd. Euro, von denen im Durchschnitt nur ca. 5% in Infrastruktur investiert sind – verglichen mit zum Beispiel 10% im Falle von Kanada.
Stabile Rahmenbedingungen
Kurzfristig sind hierfür stabile und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen sowie Transparenz über die erwartete Energiekostenentwicklung und mögliche Förderungen notwendig. Mittel- bis langfristig sollten sich dank kostengünstiger erneuerbarer Energien und reduzierter Importe fossiler Energien deutliche Einsparungen ergeben. Hoffentlich können unsere Nachfahren dann um 2125 den 100. Geburtstag der ersten Wasserstoffpipeline als Bestandteil einer modernen und nachhaltigen Energieinfrastruktur feiern.