Bilanz ziehen und vorausplanen
Im Inflationsprognose-Spiel hat „Team Dauerhaft“ aktuell mehrere Punkte Vorsprung vor „Team Vorübergehend“ ... nur ist es kein Spiel. In der entwickelten Welt führen die realen Auswirkungen der Inflation zu einer Krise der Lebenshaltungskosten. Andernorts sind ihre Folgen möglicherweise noch schlimmer. Außerdem: Spiele haben Regeln, Schiedsrichter und ein Ende – Märkte letzteres (hoffentlich) nicht. Sie arbeiten weiter. Aber die „Regeln“ ändern sich permanent. Trotzdem sind Wirtschaftshistoriker, die aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen, aktuell zunehmend gefragt.
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Die Zentralbanken, deren primäres Ziel die Wahrung der Preisstabilität ist, kämpfen angesichts der anhaltend hohen Verbraucherpreisinflation um ihre Glaubwürdigkeit. Ihre Maßnahmen sollten die Reflexivität der Märkte – die von George Soros so bezeichnete Rückkopplung zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit – mindern. Doch sie laufen Gefahr, sich zu engstirnig auf die Bekämpfung der angebotsseitigen Inflation durch eine Dämpfung der Nachfrage (mit höheren Zinsen) zu konzentrieren. Damit riskieren sie eine schwere Rezession und möglicherweise sogar einen Preisverfall. Die Wirtschaftshistoriker dagegen warnen vor anhaltenden Inflationswellen wie in den 1970er Jahren, wenn die US-Notenbank unter Jerome Powell die Inflation nicht mit der gleichen Disziplin bekämpft wie unter ihrem früheren Chef Paul Volcker.
Eines ist in jedem Fall klar: Die Kapitalkosten steigen und Kapital wird knapper. Die Volatilität wird uns wahrscheinlich noch eine Weile begleiten. Langfristige Anleger – und damit auch Risikoanlagen – mögen jedoch keine mangelnde Vorhersehbarkeit.
Versicherungsunternehmen haben sich zuletzt vor außerordentliche Herausforderungen gestellt gesehen: in Bezug auf die Modellierung und Bewertung ihrer Verbindlichkeiten, das Asset-LiabilityManagement, die Steuerung der bilanziellen Auswirkungen, den Schutz ihres Kapitals und ihrer Liquidität sowie in Bezug auf eine aus wirtschaftlicher und aufsichtsrechtlicher Sicht vorausschauende Planung.
Welche wesentlichen Fragen und welchen Druck sehen wir diesbezüglich auf der Aktivaseite in den Anlageportfolios von Versicherungskunden und welche Antworten haben wir?
Antizyklisch versus prozyklisch
Im Idealfall sind Anlageentscheidungen, zum Beispiel im Rahmen der Vermögensaufteilung, antizyklisch – man sollte kaufen, wenn Anlagewerte billig sind, und verkaufen, wenn sie teuer sind. Die Beschränkungen, denen Versicherungsunternehmen unterliegen, wirken jedoch häufig prozyklisch, da das Gewicht des Risikokapitals steigt, wenn Vermögenswerte an Wert verlieren (wodurch sie für die Versicherungsbilanz weniger attraktiv werden).
Auch die allgemein anerkannten Rechnungslegungsstandards spielen eine Rolle, da die Gewinn-/Verluststeuerung die Flexibilität der Versicherer verringert, auf größere Marktchancen zu reagieren.
Eine einfache Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, besteht darin, Barmittel aus allen Portfolios (Dividenden, Kupons, fällige Anleihen usw.) auf ein zentrales Konto zu leiten, anstatt sie im ursprünglichen Portfolio wiederanzulegen. Diese Liquidität (zusammen mit etwaigen neuen Prämieneinnahmen) ermöglicht dann ein gewisses Maß an opportunistischer Umschichtung, ohne dass Wertpapierverkäufe erforderlich sind.
Eine Absicherung nach unten, insbesondere für Portfolios mit risikoreichen Vermögenswerten, kann die strukturelle Widerstandsfähigkeit verbessern. Während die Absicherung mit laufenden Kosten (Optionsprämie) verbunden ist, gleicht die Strategie den Drawdown und den erhöhten Kapitalaufwand aus und ermöglicht flexiblere Umschichtungen, wenn sich die Bewertungen wieder auf einem attraktiveren Niveau bewegen.
Basisrisiken
Das extreme Marktumfeld hat ein Schlaglicht auf viele zuvor (relativ) stabile Zusammenhänge gelegt, die Anlageentscheidungen zugrunde liegen. Beispielsweise hat die Gesamtrate der Verbraucherpreisinflation innerhalb des Euroraums deutlich variiert1. Diese Basisrisiken sprechen für eine Diversifikation bei der Auswahl realer Vermögenswerte zur Deckung realer Verbindlichkeiten, wenn keine echte, vergleichbare Absicherung verfügbar ist. So können neben inflationsindexierten Anleihen zum Beispiel auch Aktien und Immobilien einbezogen werden.
Die Swap- und Anleihezinsen haben sich voneinander abgekoppelt, wobei Swaps schlechter performt haben als hochwertige Anleihen. Das führt zu erheblichen Performanceunterschieden zwischen Anleihen-Benchmarks und mit Swapsätzen abgezinsten Verbindlichkeiten. Dies hat auch Anlagemöglichkeiten eröffnet, da Emittenten, deren Kurse sich tendenziell an Swaps orientieren, günstiger geworden sind. Anlagen mit geringem Risiko und geringen Kapitalanforderungen wie gedeckte Schuldverschreibungen (Pfandbriefe) bieten aktuell die besten absoluten und relativen Renditen (im Vergleich zu Staatsanleihen) seit vielen Jahren.
Aufsichtsrechtliche Veränderungen
Die Verwendung von Investmentfonds für opportunistische Allokationen und Satellitenallokationen ist nach der aktualisierten IFRS-Klassifizierung (International Financial Reporting Standard) weniger attraktiv. Größere Konten und komplexere Methoden der Kontenaggregation sind erforderlich, um die Vorteile der Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten zu erhalten.
IFRS9 könnte daher das Interesse der Versicherer an einer Allokation in risikoreichere Anlageklassen dämpfen, wenn eine kosteneffektive Umsetzung schwierig ist.
ESG
Die jüngsten Ereignisse haben die Komplexität der weltweiten Vernetzung erneut deutlich vor Augen geführt. Obwohl die meisten Staaten inzwischen anerkennen, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist, bestehen nach wie vor erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wie und in welchem zeitlichen Rahmen dieser am besten adressiert werden sollte. Im Jahr 2021 hat die weltweite Freiheit das 16. Jahr in Folge abgenommen.2 Dies zeigt, dass politische Entscheidungen häufig zum Nutzen weniger und nicht der Gesellschaft als Ganzes getroffen werden – auf lokaler genauso wie auf globaler Ebene.
Unterschiedliche Regulierungsansätze, Konflikte und opportunistisches Profitstreben von (in der Regel privaten) Unternehmen behindern diverse Bemühungen um eine Lösung globaler Herausforderungen wie der Dekarbonisierung. Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiemärkte haben die Finanzmärkte verunsichert. Die Manager der Portfolios von Versicherungskunden müssen die Anlagerisiken und -chancen über den aus Kundensicht erforderlichen langfristigen Zeithorizont managen. Dafür benötigen sie geeignete Nachhaltigkeitsdaten, Research und Unterstützung in Stewardship-Fragen.
Wie ist AllianzGI positioniert, um Versicherer bei dieser Art von Herausforderungen zu unterstützen?
Durch unsere umfangreiche Erfahrung mit Kapitalanlagen für Versicherungskunden, nicht zuletzt durch unsere Muttergesellschaft, verfügen wir über die dafür nötige Expertise und Flexibilität. Kunden können bereits von relativ einfachen Ansätzen wie einem Prozess zur Bewertung gemeinsam definierter Leistungsindikatoren (KPI) profitieren, der die Flexibilität für eine ganzheitliche Reaktion auf die Anforderungen der Kunden formalisiert (z. B. GuV-Steuerung anstelle einer reinen Ausrichtung auf die relative Wertentwicklung bei gleichzeitiger Einbeziehung von Dekarbonisierungszielen). In anderen Fällen kann eine solvenzkapitaladjustierte Optimierung der Asset Allokation in Verbindung mit einer Verlustabsicherung und Kapitalschutz geraten sein (risikokontrollierte Strategien).
Wir würden uns freuen, mit Ihnen darüber zu sprechen, wie Ihnen unsere globalen Teams helfen können, aktuelle Herausforderungen im Insurance Asset Management zu bewältigen.
WIR FREUEN UNS AUF KÜNFTIGE DISKUSSIONEN AN DIESER STELLE!