Diversifizierung der Eigenanlagen mittels Infrastructure Debt
Auch wenn die Rentenmärkte Kreditinstituten wieder höhere Zinserträge ermöglichen, bleibt der Ertragsdruck bestehen. Viele Institute haben daher bereits begonnen, alternative Anlageklassen in ihre Eigenanlagen zu integrieren. Neben Infrastructure Equity rückt dabei zunehmend Infrastructure Debt in den Fokus. Dieses Segment bietet nicht nur attraktive Renditemöglichkeiten und eine geringere Eigenkapitalbindung, sondern ermöglicht auch Investitionen in zukunftsträchtige und nachhaltige Projekte wie die Energiewende. Infrastructure Debt stellt somit eine wertvolle Ergänzung zur Diversifizierung der Eigenanlagen dar und bietet spezifische Vorteile, die je nach Strategie und Risikobudget berücksichtigt werden sollten.
Die Eigenanlagen von Kreditinstituten – das klassische „Depot-A“-Geschäft – waren in den letzten Jahren einem Stresstest ausgesetzt. Aufgrund ihrer Kernaufgabe, der Zinsbuch- und Liquiditätssteuerung, sowie infolge regulatorischer Vorgaben sind diese Anlagen traditionell zu einem großen Teil in Rentenpapieren hoher Bonität investiert: Staatsanleihen, Pfandbriefe oder hochwertige Spread-Produkte. Angesichts deren hohen Gewichts schlugen die mit der Zinswende vor zwei Jahren einhergehenden Kursverluste bei Festverzinslichen hart durch: Die Eigenanlagen / Depot-As verzeichneten zum Teil erhebliche Wertverluste.
Druck auf Genossenschaftsbanken und Sparkassen, die Aufstellung der Eigenanlagen zu diversifizieren, besteht allerdings nicht erst seit der letzten Zinswende – hierdurch ist er lediglich gestiegen. Bereits zuvor, im Zuge der lang andauernden Niedrigzinsphase, nahm die Bereitschaft zu, über Anleihen hinaus auch andere Anlageklassen in den Blick zu nehmen. Naturgemäß wurde zunächst darüber nachgedacht, das Aktien-Exposure zu erhöhen. Für viele bilanzstichtagsorientierte Institute mit eher geringen Risikobudgets ist deren Volatilität allerdings nur schwer zu tragen. Hinzu kommt die hohe Eigenkapitalunterlegung. Aus diesem Grund machen Aktien weiterhin in der Regel nur einen geringfügigen Anteil der Eigenanlagen aus.
Ein weiterer, prozentual allerdings nach wie vor ebenfalls eher kleiner Teil der Eigenanlagen ist darüber hinaus in alternativen Investments angelegt. Bis vor etwa fünf Jahren bestand dieser Block nahezu vollständig aus Immobilieninvestments. Mittlerweile haben sich einige Kreditinstitute aber auch anderen Alternatives zugewandt. In einer Situation, in der große Teile der Eigenanlagen keine oder kaum laufende Erträge abwerfen, Aktienanlagen aber infolge der hohen Volatilität zu viel an Risikokapitalunterlegung erforderten, bieten sich hier im wahrsten Sinne des Wortes Alternativen.
Infrastruktur-Anlagen
Insbesondere wurden Eigenkapitalanlagen im Infrastrukturbereich – Fachterminus Infrastructure Equity – über Fondsvehikel eingegangen. Aus Sicht der Kreditinstitute besonders attraktiv war dabei die Kombination aus hohen absoluten Ertragserwartungen – in Abhängigkeit vom Risiko lag die interne Verzinsung (internal rate of return, IRR) oftmals zwischen sieben und zwölf Prozent – und laufenden Ausschüttungen. Diesen Vorteilen stehen allerdings ein paar Faktoren gegenüber, die ein Engagement in Infrastructure Equity vielfach limitierten: Neben Reporting-Anforderungen wird hierbei regelmäßig vor allem die Illiquidität des Anlagesegment als Hindernis genannt.
Wenngleich die letztgenannten Faktoren bislang in der Breite nur zu einem eher geringen Exposure im Depot-A geführt haben: Grundsätzlich und rückblickend erwies sich der Aufbau von Infrastructure Equity Beständen als sehr gute Entscheidung. In den letzten Krisenphasen, also vor allem dem Covid-bedingten Börseneinbruch 2020 und während des Renditeanstiegs im Jahr 2022, konnte diese Anlageklasse die Kursrückgänge bei Aktien bzw. Renten zumindest teilweise kompensieren. Sie wies auch in den Krisenjahren eine im Schnitt positive Performance auf und wirkte so deutlich wertglättend auf das Gesamtportfolio.
Auch wenn sich das Zinsniveau mittlerweile normalisiert hat und Festverzinsliche somit wieder regelmäßige Erträge abwerfen: Nach vorne schauend dürften Infrastrukturinvestments für die Eigenanlagen von Kreditinstituten interessant bleiben. Regulatorisch ist zwar vorgesehen, dass Anlagen in Infrastructure Equity künftig – gestaffelt bis 2029 – mit wesentlich mehr an Eigenkapital zu unterlegen sind (in der Vergangenheit etwa 100 Prozent). Gleichwohl dürften diese Alternatives auch im aktuellen Umfeld höherer Zinsen und erhöhter Teuerungsraten mit durchaus möglichen Renditen im zweistelligen Prozentbereich einen sehr auskömmlichen Renditevorsprung gegenüber liquiden Renteninvestments behalten.
Generell spricht für die Anlageklasse Infrastruktur, dass sie sich in der Vergangenheit durch einen guten Inflationsschutz und erhöhte Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten ausgezeichnet hat. Dies spiegelt sich etwa in niedrigeren Ausfall- und Verlustraten als in vergleichbaren Assetklassen wider. Zurückzuführen ist dies auf die besonderen Merkmale der Anlageklasse, wie etwa ihren Monopolcharakter (hohe Eintrittsbarrieren), hohe Kapitalkosten, geografische und Standortvorteile sowie regulatorischen Schutz.
Infrastructure Debt
Angesichts der neuen Gemengelage von Marktumfeld, Renditepotenzial und Eigenkapitalunterlegung kann es für Kreditinstitute künftig darüber hinaus aber auch sinnvoll sein, ein bislang eher weniger beachtetes alternatives Infrastruktursegment in den Blick zu nehmen: Infrastructure Debt, also Fremdkapitalanlagen im Infrastrukturbereich. Denn diese binden deutlich weniger Eigenkapital – die Unterlegungsquote liegt nur bei gut 100 Prozent. Gleichzeitig können Infrastructure Debt Fonds mittlerweile interne Renditen im hohen einstelligen bis unteren zweistelligen Bereich erwirtschaften – also in derselben Größenordnung, wie sie in der Niedrigzinsphase vor wenigen Jahren noch von Infrastructure-Equity-Fonds zu erwarten war.
Diese hohe absolute und relative Ertragserwartung, gekoppelt mit einem relativen Vorteil bei der Eigenkapitalunterlegung, machen das Anlagesegment Infrastructure Debt generell interessant. Hinzu kommen aber noch Kreditinstitut-spezifische Faktoren: Hier ist erstens zu nennen, dass auch Anlagen in Infrastructure Debt Fonds Investoren relativ stabile und hohe regelmäßige Ausschüttungen bieten. Zweitens ist die Dauer der Kapitalbindung für Genossenschaftsbanken und Sparkassen attraktiv. Infrastructure Debt Fonds können derart strukturiert werden, dass bei etwa zwölfjähriger Gesamtlaufzeit die mittlere Kapitalbindungsdauer bei fünf bis sechs Jahren, also rund der Hälfte, liegt. Diese zeitliche Länge kommt vielen Instituten entgegen.
Finanzierung der Energiewende
Drittens schließlich bietet das Segment Infrastructure Debt Kreditinstituten die Möglichkeit, Zukunfts- und Nachhaltigkeitsaspekte in die Eigenanlage zu inkludieren. Weltweit gibt es einen enormen Investitionsbedarf in die Themenbereiche Infrastruktur und Energiewende, der sich von beobachtbaren Megatrends ableitet: Bekämpfung des Klimawandels, Digitalisierung, Urbanisierung. Aktuell befinden sich die Energie- und Infrastrukturmärkte in einem historischen Wandel, und vieles spricht dafür, dass sich die globalen Trends in den nächsten Jahren noch verstärken werden. Denn immer mehr Länder und Regierungen realisieren, dass die Energiewende auch für eine langfristige Energiesicherheit und Preisstabilität von wesentlicher Bedeutung ist.
Um die Welt bis 2050 in Richtung Netto-Null-Emissionen zu bringen, werden laut IRENA World Energy Transitions Outlook 2022 mehr als 100 Billionen US-Dollar an Kapital benötigen. Angesichts der weltweit angespannten Haushaltslagen werden die öffentlichen Hände alleine diesen Investitionsbedarf nicht stemmen können. Auch der Bankensektor ist nicht in der Lage, den gesamten Fremdkapitalbedarf zu finanzieren. Auf der anderen Seite stehen immense private und vor allem auch institutionelle Anlagevermögen bereit, die nach Wunsch der Asset Owner auch in zukunftsträchtige, nachhaltige und dabei gleichzeitig auf finanziell rentierliche Assets investiert werden sollen.
Was liegt also für Genossenschaftsbanken und Sparkassen näher, als beides miteinander zu verbinden: eine weitere Diversifizierung ihrer Eigenanlagen und die Finanzierung von Infrastruktur und Energiewende? Entsprechende Fondslösungen hierfür sind bereits am Markt verfügbar. Generell kommt es aus Sicht von Allianz Global Investors auch bei der Strukturierung des Infrastructure Debt Portfoliobestandteils auf eine starke Diversifizierung an. Sprich: Das entsprechende Teilportfolio sollte mit Blick auf die Ziel-Regionen und -Sektoren, die Kapitalstruktur, Strategien, Jahrgänge (sogenannte Vintage Years) und General Partners (GPs) breit aufgestellt sein.
Voraussetzung hierfür ist auf Seiten des Asset-Management-Partners wie etwa Allianz Global Investors ein strenger Due-Diligence-Prozess, der sich bei jedem Investment auf den Kapitalerhalt und einen starken Schutz vor Verlusten konzentriert. Es gilt, nur in Vermögensverwalter zu investieren, die über den gesamten Kreditzyklus hinweg ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Zudem sollten ESG-Kriterien (E für Environment / Umwelt, S für Soziales, G für Governance / Unternehmensführung) in sämtliche Investmententscheidungen integriert werden. Bei adäquater Umsetzung ermöglicht dies die Einstufung des Infrastructure Debt Fonds als Artikel 8-Fonds gemäß der EU-Offenlegungsverordnung (SFRD, Sustainable Finance Disclosure Regulation). Und schließlich ist unabdingbar, alle eingegangenen Investments während ihres gesamten Lebenszyklus aktiv zu managen und damit einen langfristigen partnerschaftlichen Ansatz mit kontinuierlicher aktiver Beteiligung zu verfolgen.
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten: Auch wenn die Rentenmärkte Kreditinstituten wieder auskömmlichere Zinserträge in ihren Eigenanlagen ermöglichen – der Ertragsdruck bleibt. Viele Institute haben bereits in der Vergangenheit begonnen, alternative Anlageklassen wie Infrastrukturinvestments zu berücksichtigen, und dies war eine weise Entscheidung. Während Infrastructure Equity aufgrund der hohen Ertragserwartungen attraktiv bleibt, beeinträchtigen die künftig höheren Eigenkapitalanforderungen das Engagement in diesem Segment. Daher sollten Genossenschaftsbanken und Sparkassen den Blickwinkel ausweiten und auch Infrastructure Debt in Erwägung ziehen. Dieses Anlagesegment bietet mittlerweile bei geringerer Eigenkapitalbindung vergleichbar hohe Renditen, und auch hier sind stabile Ausschüttungen möglich. Zudem ermöglichen vorliegende Infrastructure Debt Konzepte es Kreditinstituten, in zukunftsträchtige und nachhaltige Projekte wie Infrastruktur sowie die Energiewende zu investieren.