Disinflation oder schrumpfende Sparüberschüsse — was erwartet die Verbraucher im Jahr 2024?

In Anbetracht der globalen makroökonomischen Turbulenzen – und anhaltenden geopolitischen Unsicherheit – der vergangenen Jahre hat sich der private Konsum bemerkenswert gut gehalten. Das hat einige Marktbeobachter überrascht. Viele hatten befürchtet, dass die Verbraucherausgaben einbrechen könnten, wenn die Corona-Hilfen erst einmal ausgelaufen sind.

Trotz einer uneinheitlichen Entwicklung in verschiedenen Regionen und Teilsektoren spricht unserer Ansicht nach viel dafür, dass der private Konsum zumindest mittelfristig robust bleiben wird. Insbesondere in den USA sollten die Verbraucherausgaben durch mehrere fundamental positive Wirtschaftsfaktoren gestützt werden. In erster Linie sind das die anhaltend hohe Beschäftigung und die seit etwa sechs Monaten nachlassende Inflation. Wie wichtig das Konsumthema ist, zeigt sich in der großen Bedeutung der Verbraucher für die Wirtschaft aller großen Industrieländer: Der Anteil der Ausgaben der privaten Haushalte am BIP beträgt 53 % im Euroraum, 60 % in Großbritannien und 67 % in den USA (Stand 3. Quartal 2023).

Starke Fundamentaldaten

Ein wesentlicher Faktor für die in den letzten ein bis zwei Jahren beobachtete Konsumstärke war der Abbau der während der Pandemie angehäuften Ersparnisse. Im ersten Quartal 2020 sparten die privaten Haushalte in Großbritannien, den USA und der Eurozone etwa ein Viertel ihres verfügbaren Einkommens.1 Das ist aber sicherlich nicht alles. Auch wenn man die Auflösung des Konsumstaus nach der Pandemie berücksichtigt, haben sich die Verbraucherausgaben besser gehalten, als viele es erwartet hatten.

Zwei wesentliche Faktoren können helfen, diese Resilienz zu erklären. Der erste ist die immer noch historisch niedrige Arbeitslosenquote – bei einer rekordhohen Beschäftigung, wie unten ersichtlich. Exhibit 1: Less policy easing priced in for Asia

Quelle: LSEG Datastream, 16. Februar 2024

Mit einer Eintrübung der Arbeitsmärkte in den entwickelten Volkswirtschaften wird nicht gerechnet. Die Konsenserwartung für die G20 ist ein Anstieg der Arbeitslosenquote von 4,7 % im Jahr 2023 auf 5,1 % im Jahr 2024, und von den Unternehmen hört man weiter, dass offene Stellen nur schwer zu besetzen sind.

Seit Mitte 2023 haben sich die guten Beschäftigungsaussichten in einem starken Lohnwachstum niedergeschlagen. Durch den gleichzeitigen Rückgang der Inflation treibt das die verfügbaren Einkommen in die Höhe. Davon sollten einkommensschwächere Haushalte besonders profitieren, da sie weniger stark unter Druck stehen werden, ihre Ausgaben aufgrund des starken Anstiegs der Preise einzuschränken.

Exhibit 1: Less policy easing priced in for Asia

Quelle: Indeed, Datastream, Schätzungen von BNP Paribas Exane

Tatsächlich wird erwartet, dass die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte im Euroraum im Jahr 2024 um rund 4 % steigen werden. Hinter dieser Entwicklung stehen natürlich vor allem die robuste Beschäftigungssituation und die gute Lohnentwicklung. Zusätzlich gehen wir jedoch davon aus, dass die für die Fixkosten der privaten Haushalte relevante Inflation von 5 % im Jahr 2023 auf 2 % im Jahr 2024 sinken wird. Dadurch würde den privaten Haushalten fast 6 % mehr Geld für Ermessensausgaben oder zum Sparen zur Verfügung stehen. 2

Ein weiterer Faktor, der die Kaufkraft der Verbraucher stärkt, ist der seit etwa sechs Monaten weltweit zu beobachtende Disinflationstrend. Die niedrigeren Strom- und Benzinpreise machen sich bereits positiv bemerkbar. Die Lebensmittelinflation hat sich zwar ebenfalls verlangsamt, bislang jedoch als hartnäckiger erwiesen.

Exhibit 1: Less policy easing priced in for Asia
Quelle: LSEG Datastream, 16. Februar 2024

In der Vergangenheit war eine deutliche Korrelation zwischen dem Wachstum der verfügbaren Einkommen und den Einzelhandelsumsätzen zu beobachten. Daher spricht viel für eine anhaltend positive Entwicklung des Konsumsektors. Im Euroraum rechnen wir in den nächsten Monaten mit einem besonders starken Anstieg der verfügbaren Einkommen.

Exhibit 1: Less policy easing priced in for Asia
Quelle: ONS, Bank of England, Eurostat, Goldman Sachs Global Investment Research

Diese besseren Aussichten für die privaten Haushalte tragen zur Aufhellung des Konsumklimas in den wichtigsten Märkten bei – obwohl sich dieses natürlich immer noch vom sehr gedämpften Niveau nach der Pandemie erholt.

Exhibit 1: Less policy easing priced in for Asia
Quelle: LSEG Datastream, 16. Februar 2024

Diese Zahlen spiegeln natürlich nicht unbedingt die vollen Belastungen für einkommensschwache Haushalte wider. Offensichtlich hat das instabile Umfeld die Konsumbereitschaft dieser Verbrauchergruppen jedoch nicht so stark gedämpft wie befürchtet. Gleichzeitig haben die kaufkräftigsten Konsumenten weiter genug Geld in die Hand genommen, um die positive Dynamik und das Marktwachstum aufrechtzuerhalten.3 Tatsächlich gehen wir sogar davon aus, dass die Reallöhne im Jahr 2024 weiter steigen werden, sodass der Druck auf die einkommensschwächeren Haushalte in den Industrieländern weiter nachlassen dürfte.

Ein diesbezüglich positives Signal ist die jüngste Outperformance von zyklischen Konsumwerten gegenüber Basiskonsumgüteraktien, wie unten dargestellt. Während die Inflation das Volumenwachstum im Basiskonsumgütersektor gebremst hat, hat der erlebnisorientierte Konsum – zum Beispiel Ausgaben für Reisen und Restaurantbesuche – für eine starke Performance des zyklischen Konsumsektor gesorgt.

Dabei ist zu beachten, dass die Erholung des Konsums in den verschiedenen Regionen ungleichmäßig verlaufen ist. Während die USA die Erholung angeführt haben, hinkt China derzeit noch hinterher.

Ohne Gewähr: Anleger sollten selektiv vorgehen

Angesichts dieses fundamental positiven Umfelds rechnen wir mit einer anhaltenden Resilienz des Konsumsektors im Jahr 2024, obwohl sich das Wachstum insgesamt abschwächen dürfte. Angesichts schwindender Sparüberschüsse und bevorstehender Wahlen in Europa und den USA könnte 2024 ein zweigeteiltes Jahr mit einer potenziell höheren Volatilität in der ersten Jahreshälfte werden. Allerdings könnten diese negativen Faktoren durch sinkende Zinsen und ein anhaltendes Lohnwachstum kompensiert werden.

Außerdem dürfte die seit langem zu beobachtende Zweiteilung der Verbraucherbasis weiter Bestand haben, was sich in einer entsprechend unterschiedlichen Performance der Konsumgüterunternehmen niederschlagen sollte. Unternehmen wie Luxusmarkenanbieter mit einer wohlhabenderen Kundschaft dürften – auch aufgrund des anhaltend positiven Vermögenseffekts der Aktienmärkte – weiterhin gut abschneiden. Das gleiche gilt für Unternehmen mit attraktiven Wertversprechen für einkommensschwächere Haushalte, die aufgrund des höheren Konsumanteils an ihrem Haushaltseinkommen am meisten vom starken Lohnwachstum profitieren dürften. Da die Bewertungen der ersten Gruppe von Unternehmen die starken Fundamentaldaten bereits widerspiegeln, könnten viele Unternehmen aus der zweiten Gruppe auf kurze bis mittlere Sicht mehr Wertpotenzial bieten. Dazu gehören auch Unternehmen, die von der Wachstumsabschwächung und den höheren Zinsen am stärksten betroffen sind (z. B. Unternehmen aus dem Mode- oder Automobilsektor).

Konkret bevorzugen wir aus beiden Gruppen insbesondere führende Unternehmen aus dem Reise-, Freizeit- und Gastronomiesektor, die in der Lage sein sollten, die Nachfrage zu bedienen und ihren Marktanteil auszuweiten. Neben einer guten Bestandssituation dürfte der Sporthandel nicht nur von Gesundheits- und Wellnesstrends, sondern auch von Großereignissen wie den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris profitieren. Die Märkte für Luxusgüter, Kosmetik- und Körperpflegeprodukte sollten selbst in einem wachstumsschwächeren globalen Umfeld resilient bleiben.

Damit bleibt das Gesamtumfeld für den Konsumsektor positiv. Anleger sollten sich jedoch auf deutlich unterschiedliche Entwicklungen in den verschiedenen Teilsektoren und Performanceunterschiede zwischen verschiedenen Unternehmen einstellen. Der bekannte Begriff „Ohne Gewähr“ gilt für Käufer und Aktienselektoren gleichermaßen. Daher sollten Anleger selektiv vorgehen und die Unternehmen und Sektoren identifizieren, die für das derzeitige disinflationäre Umfeld am besten aufgestellt erscheinen.

  • Disclaimer
    Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und Erträge daraus können sinken oder steigen. Investoren erhalten den investierten Betrag gegebenenfalls nicht in voller Höhe zurück. Die dargestellten Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und/oder verbundener Unternehmen zum Veröffentlichungszeitpunkt und können sich – ohne Mitteilung darüber – ändern. Die verwendeten Daten stammen aus verschiedenen Quellen und wurden zum Veröffentlichungszeitpunkt als korrekt und verlässlich bewertet. Bestehende oder zukünftige Angebots- oder Vertragsbedingungen genießen Vorrang. Die Vervielfältigung, Veröffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht gestattet; es sei denn dies wurde durch Allianz Global Investors GmbH explizit gestattet.

    Für Investoren in Europa (exklusive Schweiz und Vereinigtes Königreich)
    Tagesaktuelle Fondspreise, Verkaufsprospekte, Gründungsunterlagen, aktuelle Halbjahres- und Jahresberichte und das Basisinformationsblatt in deutscher Sprache sind kostenlos beim Herausgeber postalisch oder als Download unter der Adresse www.allianzgi-regulatory.eu erhältlich. Österreichische Investoren können zusätzlich die österreichische Informationsstelle Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, Am Belvedere 1, AT-1100 Wien kontaktieren. Bitte lesen Sie diese alleinverbindlichen Unterlagen sorgfältig vor einer Anlageentscheidung. Dies ist eine Marketingmitteilung herausgegeben von Allianz Global Investors GmbH, www.allianzgi.de, eine Kapitalverwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, gegründet in Deutschland; Sitz: Bockenheimer Landstr. 42-44, 60323 Frankfurt/M., Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt/M., HRB 9340; zugelassen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de). Allianz Global Investors GmbH hat eine Zweigniederlassung errichtet in Frankreich, Italien, Spanien, Luxemburg, Schweden, Belgien und in den Niederlanden. Die Kontaktdaten sowie Informationen zur lokalen Regulierung sind hier (www.allianzgi.com/Info) verfügbar. Die Zusammenfassung der Anlegerrechte ist auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch unter https://regulatory.allianzgi.com/en/investors-rights verfügbar.

    Für Investoren in der Schweiz
    Tagesaktuelle Fondspreise, Verkaufsprospekte, Gründungsunterlagen, aktuelle Halbjahres- und Jahresberichte und das Basisinformationsblatt sind kostenlos bei dem Herausgeber, [dem für den Fonds benannten Vertreter in der Schweiz sowie der Zahlstelle BNP Paribas Securities Services, Paris, Niederlassung Zürich, Selnaustrasse 16, CH-8002 Zürich – nur für Schweizer Privatkunden] postalisch oder als Download unter der Adresse regulatory.allianzgi.com erhältlich. Bitte lesen Sie diese alleinverbindlichen Unterlagen sorgfältig vor einer Anlageentscheidung. Dies ist eine Marketingmitteilung, herausgegeben von Allianz Global Investors (Schweiz) AG, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Allianz Global Investors GmbH. Die Zusammenfassung der Anlegerrechte ist auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch unter https://regulatory.allianzgi.com/en/ investors-rights verfügbar.

    Für Investoren im Vereinigten Königreich
    Ein kostenloses Exemplar des Verkaufsprospekts, der Gründungsunterlagen, der täglichen Fondspreise, des Dokuments mit den wesentlichen Informationen für den Anleger sowie der letzten Jahres- und Halbjahresfinanzberichte können Sie beim Emittenten unter der unten angegebenen Adresse oder unter regulatory.allianzgi.com anfordern. Bitte lesen Sie diese Dokumente, die allein verbindlich sind, sorgfältig, bevor Sie investieren. Dies ist eine Marketingmitteilung, herausgegeben von Allianz Global Investors UK Limited, 199 Bishopsgate, London, EC2M 3TY, www.allianzglobalinvestors.co.uk. Allianz Global Investors UK Limited, Unternehmensnummer 11516839, ist von der Financial Conduct Authority zugelassen und unterliegt deren Aufsicht. Einzelheiten über den Umfang unserer Regulierung sind auf Anfrage bei uns und auf der Website der Financial Conduct Authority (www.fca.org.uk) erhältlich. Die Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Weitergabe des Inhalts, unabhängig von der Form, ist nicht gestattet, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Genehmigung von Allianz Global Investors UK Limited vor.

    AdMaster: 3388129

Aktuelle Artikel

Die Woche voraus

Rund um die Welt interessieren sich die Anleger für Neuigkeiten und Daten aus den USA. Brummt die amerikanische Konjunktur weiterhin oder kühlt sie ab? Wird die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen senken? Welche Auswirkungen könnten die Präsidentschaftswahlen auf die Märkte haben? Das sind bedeutsame Fragen – nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt.

Lesen Sie mehr in der neuesten „Die Woche Voraus“

Weitere Informationen

Indiens Aktienmärkte

Die Sichtweise der Anleger auf Indien hat sich grundlegend geändert. Die indischen Aktienmärkte gewinnen zunehmend an Beliebtheit, was darauf hindeutet, dass Indien aufgrund seiner Marktgröße und -tiefe nicht mehr ignoriert werden kann. Langfristige Wachstumsfaktoren wie demografische Entwicklungen, Digitalisierung und der Ausbau der Infrastruktur tragen dazu bei, dass indische Aktienmärkte attraktiv erscheinen.

Weitere Informationen

Zins- und Zeitenwende meistern

Die Weltmärkte erwarteten schwächere US-Daten, um Zinssenkungen durch die Fed zu rechtfertigen. Doch angesichts des US-Arbeitsmarktberichts vom Freitag reagierten sie erschrocken.

MEHR

Allianz Global Investors

Sie verlassen die Seite von Allianz Global Investors und gehen zu