Disruption: Wandel als Chance
Disruption – Wandel als Chance

Neue Technologien und andere Innovationen machen unser gegenwärtiges Zeitalter zu einer Ära der Disruption, die Unternehmen und Regierungen vor Herausforderungen stellt, aber auch Chancen für Investoren bietet. Bei Disruption geht es jedoch um mehr als nur um Technologie. Die Auswirkungen werden extrem weitreichend sein, da eine Reihe von Branchen und Wirtschaftszweigen versuchen werden, künstliche Intelligenz und andere Fortschritte zu nutzen. Die Gewinner werden diejenigen Unternehmen (und Investoren) sein, die die Chancen, die der Wandel mit sich bringt, am klarsten erkennen und diese Fortschritte effektiv nutzen. Im Folgenden heben wir drei Bereiche hervor, in denen die Disruption bereits in vollem Gange ist und sich wahrscheinlich noch beschleunigen wird – und in denen der Wandel neue Chancen schaffen wird.
Die wichtigsten Erkenntnisse
- Disruptiver Wandel schafft Chancen für Unternehmen ebenso wie für Investoren.
- Drei Schwerpunktbereiche – Technologie, Ressourcen und Fragmentierung – verdeutlichen die Ursachen und Auswirkungen des anhaltenden disruptiven Wandels.
- Um sich in dieser sich wandelnden Landschaft zurechtzufinden, sind bei der Suche nach Wachstum Agilität und neue Denkansätze erforderlich – sowohl für Unternehmen als auch für Investoren.
Technologie: Wer sich anpasst, gewinnt
Dass künstliche Intelligenz (KI) eine der wichtigsten transformativen Technologien unserer Zeit ist, dürfte inzwischen außer Frage stehen. Deshalb überrascht es nicht, dass sich die Aufmerksamkeit derzeit vor allem auf die Softwareanbieter und andere KI-Entwickler richtet. Die Folgen dieser neuen Möglichkeiten werden jedoch im gesamten Technologiesektor und darüber hinaus zu spüren sein. So treibt KI bereits jetzt die Entwicklung im Halbleitersektor voran, da die Hardwareanforderungen weiter steigen. Am stärksten wird das disruptive Potenzial von KI jedoch außerhalb des Technologiesektors zu spüren sein, sowohl mit Blick auf die Transformation von Geschäftspraktiken und Verbrauchererfahrungen als auch in Bezug auf veränderte Rahmenbedingungen für Investoren.
Kundenservice, Gesundheitswesen, Bildung und Finanzen sind nur einige der Bereiche, die wohl vor einer grundlegenden Transformation stehen, und in einigen davon setzt KI bereits jetzt Akzente. Im Gesundheitssektor beispielsweise werden mithilfe dieser Technologie rasante Fortschritte bei der Brustkrebsdiagnose
erzielt1. Entscheidend für Unternehmen in allen von der KI-Revolution betroffenen Sektoren wird jedoch sein, ob (und wenn ja, wie schnell) sie in der Lage sind, neue und sich verändernde Technologien zu nutzen und sich an neue Arbeitsweisen anzupassen. Unternehmen werden dabei auch neue Wege der Zusammenarbeit mit Technologie und Technologieanbietern finden müssen, da die rasanten Fortschritte traditionelle Modelle wie den Kauf und die Lizenzierung von Software obsolet machen. Die Unternehmen, die diesen Anpassungsprozess am erfolgreichsten meistern, werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die größten Gewinner sein.
Entscheidend ist, dass die Unternehmen, denen es gelingt, KI erfolgreich zu integrieren, ihre Denkweise ändern, um agiler und risikobereiter zu werden, interne oder externe Innovationen systematisch abzuwägen und ihre Finanzmodelle zu ändern. Nur so werden sie in der Lage sein, sich an ein schnelleres Entwicklungstempo anzupassen. In einer Zeit, in der die Kapitalkosten nicht mehr nahe Null liegen, werden die Hürden auf dem Weg zum Erfolg immer höher und noch kritischer. Die Einbindung von KI und neuen Technologien in Unternehmen aller Wirtschaftszweige erfordert einen „Design Thinking“-Ansatz, der derzeit vor allem in der Tech-Industrie Anwendung findet und der sich nicht scheut, Iterationen und häufige Tests mit Endverbrauchern durchzuführen.
Ressourcen: die neue Mangelware?
Energieknappheit ist aus gutem Grund ein Thema, das seit einigen Jahren im Mittelpunkt steht. Die Schwachstellen, die durch die russische Invasion in der Ukraine und ihre Folgen aufgedeckt wurden, sind mit Blick auf die Disruption, die auf den Energie- und allgemeinen Rohstoffmärkten zu beobachten ist, allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Die aus den jüngsten geopolitischen Ereignissen resultierenden Versorgungsprobleme auf den Gas- und Strommärkten haben die Umstellung auf erneuerbare Energien, die angesichts der klimatischen Herausforderungen schon seit einiger Zeit an Fahrt gewinnt, nur noch verstärkt und beschleunigt. Wir erleben derzeit eine explosionsartige Zunahme der Investitionen in den Bereich der erneuerbaren Energien, was die Nachfrage nach verschiedenen Rohstoffen – einschließlich Seltener Erden – antreibt und das Potenzial für geopolitische Spannungen in Bezug auf den Rohstoffzugang gewiss weiter erhöhen wird. In der Tat werden die disruptiven Auswirkungen des ökologischen Wandels in der gesamten Wirtschaft und Politik zu spüren sein. Ihre volle Tragweite wird aber wohl erst in den kommenden Jahren deutlich werden.
Mit Blick auf die Ressourcen ist die Wasseraufbereitung und -versorgung ein weiterer Bereich, der sich derzeit im Umbruch befindet. Der Klimawandel und steigende Temperaturen haben ein Schlaglicht auf veraltete Wasserinfrastrukturen geworfen, die für ihren Zweck im 21. Jahrhundert nicht mehr geeignet sind. Zwar sind enorme öffentliche und private Investitionen in diese Infrastruktur erforderlich, aber es gibt auch eine Reihe neuer Technologien und Ansätze, um die Verschwendung zu reduzieren und die Wasserspeicherung, -aufbereitung und -versorgung effizienter zu gestalten. Und da der Klimawandel ehemals blühende Regionen unbewohnbar zu machen droht, wird die Notwendigkeit, innovativere Wasserlösungen zu entwickeln, weiter zunehmen.
Fragmentierung: Verlagerung von Chancen
Wir betrachten Fragmentierung nicht nur als eine Ursache, sondern auch als eine Auswirkung der Disruption. Fragmentierung als geopolitische Geschichte wird sich fortsetzen, da wir als Reaktion auf den Aufstieg Chinas zur Weltmacht und den wachsenden Wohlstand vieler anderer ehemaliger „Schwellenländer“ neue Ausrichtungen von Staaten beobachten. In der Tat hat China durch eine Reihe von Initiativen, nicht zuletzt durch sein bekanntes Belt and Road Projekt, aktiv um einen Großteil des globalen Südens geworben. Der Krieg in der Ukraine und die Befürchtung, dass die geopolitischen Spannungen in anderen Teilen der Welt eskalieren könnten, haben zu einer weiteren Fragmentierung geführt. Während viele Unternehmen sich genötigt sehen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Robustheit ihrer Lieferketten zu gewährleisten, initiieren die nationalen Regierungen Programme zur Sicherung strategischer Industrien und Ressourcen.
Die kollektiven Auswirkungen dieser Fragmentierung entlang geopolitischer Linien werden sich wahrscheinlich in wirtschaftlicher Hinsicht widerspiegeln, da die Großmächte um Vorteile und Vorherrschaft in kritischen Bereichen wie Halbleiter und Daten konkurrieren. Da Chinas Technologieangebot allmählich mit dem der USA konkurrieren kann, könnten sich rivalisierende „Technologie-Hemisphären“ herausbilden, wenn die größten geopolitischen Akteure kleinere Nationen drängen, ihre Systeme und Standards zu übernehmen. Trotz dieser Fragmentierung erfordern globale Herausforderungen wie der Klimawandel gemeinsame Lösungen. Das heißt, rivalisierende oder heterogene technische Systeme müssen interoperabel sein, sodass Unternehmen und Regierungen neue Wege der Zusammenarbeit finden können, auch wenn sie mehr Autonomie und Selbstbestimmung anstreben. Diese Welle der Fragmentierung könnte neue Wege des Investierens erfordern, die zum Beispiel Chancen nach Themen (wie KI oder Energiesicherheit) erfassen, statt sich ausschließlich auf traditionelle Benchmarks zu beschränken.
Zeitwende meistern
Die Auswirkungen der oben beschriebenen disruptiven Veränderungen werden sehr uneinheitlich sein. Alle Branchen und Wirtschaftszweige werden mit ihren eigenen Problemen und Herausforderungen konfrontiert sein. Für alle gilt jedoch, dass die Unternehmen am erfolgreichsten sein werden, die in all dem Wandel die Chancen am besten erkennen. Um sich in dieser von schnellem Wandel und einem neuen
„digitalen Darwinismus“ geprägten Zeit zurechtzufinden, ist für Unternehmen ein agiler Ansatz erforderlich – ein Wettlauf um die Vorherrschaft, der die Gewinner und Verlierer schärfer voneinander trennen und neue Chancen für Investoren schaffen wird. Auch von Investoren ist dabei Agilität gefordert, um sich in dieser neuen und spannenden Ära zu orientieren und neue Wege zu beschreiten, um Wachstumschancen zu identifizieren.