Disruption entlang der Lieferketten: Chancen frei Haus

Luftbild von Containern im Hafen von Long Beach, Kalifornien

Zusammenfassung

Die Lieferketten wurden durch die Ereignisse der jüngsten Zeit gründlich durchgewirbelt. Warenströme wurden unterbrochen, und der Inflationsdruck hat sich spürbar verstärkt. Zur selben Zeit haben diese Herausforderungen die Innovationstätigkeit beflügelt. Das reicht von Unternehmen, die zur Verbesserung der Handelsabläufe in künstliche Intelligenz investieren, bis zur Diversifizierung der Lieferantenbasis, um eine stetige Warenversorgung sicherzustellen. Aus der Disruption ergeben sich interessante Anlagemöglichkeiten – denn mit dem Kapital der Anleger können die Lieferketten für die Zukunft krisenfest gestaltet werden.

Zentrale Erkenntnisse

  • Die Lieferketten gerieten bereits durch die Covid-19-Pandemie unter Druck, denn die Lieferanten konnten nur schwer mit dem kräftigen Nachfrageanstieg mithalten
  • Durch Russlands militärische Invasion in der Ukraine wurden die Lieferketten noch stärker in Mitleidenschaft gezogen. Insbesondere erhöhten sich die Preise für Energie und wichtige Rohstoffe weiter
  • Verwerfungen im Handel können sich auf die Unternehmensgewinne auswirken. Um dem entgegenzutreten, gestalten die Unternehmen ihre Lieferketten um und investieren in neue Technologien
  • Die Disruption bietet den Anlegern Chancen, z.B. in den Bereichen Datenzentren, Automatisierung und Agrartechnologie

Kunden und Unternehmen spüren die Auswirkungen von Lieferengpässen derzeit an allen Ecken und Enden, von steigenden Benzinpreisen bis hin zu verspätet gelieferten Halbleiterchips. Die Ursachen reichen von der seit Jahren stattfindenden Deglobalisierung in einigen Sektoren bis hin zu Covid-19 und zuletzt dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Als Konsequenz beschleunigt sich die Inflation, und die Märkte – die ohnehin schon mit veränderten Inflationserwartungen zu kämpfen haben (Abbildung 1) – sehen sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Und gleichzeitig verändert sich der Handel mit Gütern und Dienstleistungen grundlegend, wodurch interessante Anlagechancen entstehen.

Was sind die Gründe für die Lieferkettenprobleme?

Covid-19 hat zu schweren Verwerfungen in den Lieferketten geführt, weil plötzliche Veränderungen des Konsumverhaltens – zunächst ging die Nachfrage zurück, dann stieg sie nicht zuletzt dank staatlicher Finanzhilfen sprunghaft wieder an – die Planungen von Groß- und Einzelhändlern ebenso wie Herstellern über den Haufen warfen und gleichzeitig die Lockdowns die Aktivitäten in Häfen, Fabriken und anderen Unternehmen deutlich einschränkten. Lange Vorlaufzeiten sind für viele Lieferketten typisch. Daher konnten Hersteller von begehrten Gütern nur schwer mit der Nachfrage Schritt halten, so dass sich Lieferzeiten verlängerten und die Preise stiegen1.

Darüber hinaus traten im Jahr 2021 zahlreiche Sonderereignisse ein, die den Warenverkehr unterbrachen, von schweren Überschwemmungen in Europa über einen Wintersturm in Texas bis hin zu einer sechstägigen Blockade des Suezkanals, der eine wichtige Handelsader ist.

Die starke Anspannung der Lieferketten lässt sich unter anderem daran erkennen, dass transpazifische Lieferungen im Dezember 2021 im Durchschnitt 80 Tage dauerten, also 37 Tage länger als im Dezember 2019.2

Schon vor der Pandemie war der Druck auf die Lieferketten wegen eines schleichenden Protektionismus und einer zunehmenden Tendenz zu größerer Autonomie gestiegen; Beispiele dafür sind der Handelskonflikt zwischen den USA und China oder Großbritanniens Austritt aus der Europäischen Union.

Abbildung 1: Index für den Druck auf die globalen Lieferketten

Abbildung 1: Index für den Druck auf die globalen Lieferketten

Anm.: Basierend auf globalen Transportkosten, die mit Hilfe von Daten zu Seefrachtkosten (Baltic Dry Index (BDI) und Harpex Index) und den BLS-Luftfrachtkostenindizes für Frachtflüge aus den bzw. in die USA gemessen werden
Quelle: Federal Reserve Bank of New York.

Unsicherheit aufgrund des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine

Die Invasion in die Ukraine hat sich zum jüngsten Hindernis für den Welthandel entwickelt. Russland ist der zweitgrößte Ölexporteur und der größte Gasexporteur der Welt. Damit hat der weitere Verlauf der Krise Folgen für zwei der wichtigsten Rohstoffe für die Weltwirtschaft. Die Ölpreise schnellten im März 2022 auf bis zu 130 US-Dollar pro Barrel in die Höhe, also den höchsten Stand seit 14 Jahren. Das hat direkte Auswirkungen auf den Handel; die Luftfrachtkosten für Lieferungen aus China nach Europa sollen sich Ende Februar um 80% erhöht haben.4

Darüber hinaus kam es zu Schocks bei weiteren Lieferketten, denn Russland ist ein wichtiger Produzent von Rohstoffen wie Palladium und Nickel. Russland und die Ukraine erzeugen zudem Agrarrohstoffe, von Weizen über Roggen bis hin zu Mais und Dünger.

Inwiefern führt die Disruption zu Veränderungen bei den globalen Lieferketten?

Als Reaktion auf die Anspannung der Lieferketten versuchen einige Unternehmen, ihr Geschäft für den Fall weiterer Turbulenzen widerstandsfähiger zu machen. In vielen Fällen werden durch die verstärkten Bemühungen um mehr Flexibilität und Belastbarkeit der Lieferketten lediglich Tendenzen verstärkt, die auch vor den Ereignissen der vergangenen beiden Jahre schon zu erkennen waren.

  1. Verstärkte Lagerhaltung:

    Die Pandemie hat die globalen Lieferketten auf Dauer gezeichnet: Einige Unternehmen standen aufgrund von Lockdowns oder Krankheitsfällen in der Belegschaft auf einmal mit leeren Lagern da. So stellte mindestens ein größerer Autohersteller Anfang 2020 vorübergehend die Fertigung ein, weil wegen der Pandemie keine Bauteile geliefert werden konnten.5

    Aufgrund der Ereignisse überdenken einige Unternehmen die seit Jahrzehnten im Supply-Chain-Management geltende Philosophie der Just-in-Time-Produktion und setzen verstärkt auf eine Just-in-Case-Strategie, bei der sie umfangreichere Lagerbestände vorhalten. Mehrere Autohersteller legen angeblich Vorräte an Chips, Batterien und anderen wichtigen Bauteilen an, um künftig lieferfähig zu bleiben. Einige führende Einzelhändler lagern verstärkt Güter ein, die sie noch nicht absetzen konnten, und kaufen einige Waren in höheren Mengen ein, um für den Fall gerüstet zu sein, dass die Nachfrage ansteigt, aber die Lieferungen stocken. Andere Unternehmen verfolgen ähnliche Ansätze. In einer von Gartner Ende 2020 durchgeführten Umfrage sagten 43% der befragten Lieferkettenmanager, dass sie bereits in einen Ausbau der Lagerbestände investierten. Weitere 11% planen dies für die kommenden beiden Jahre.6
  2. Nearshoring und Reshoring:

    Angesichts steigender Transportkosten und verzögerter Materiallieferungen ziehen immer mehr Unternehmen ein Nearshoring in Betracht. Dabei werden Produkte von Herstellern oder Lieferanten aus einem Land bezogen, das näher an dem Ort liegt, wo die Erzeugnisse benötigt werden. Einige europäische Modemarken wollen die Herstellung wegen der steigenden Frachtkosten aus Asien in näher an den europäischen Märkten gelegene Länder verlagern.7

    Innerhalb Asiens, das eine wichtige Produktions- und Lieferregion ist, diversifizieren die Unternehmen ihre Lieferketten, um bei eventuellen Störungen auf andere Standorte ausweichen zu können. Dieser Trend wurde in den vergangenen Jahren durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China verstärkt, der auch zu höheren Zöllen führte. Andere asiatische Länder wie Vietnam, Indonesien, Malaysia, Thailand oder Indien haben von dieser „China+1“-Lieferkettenstrategie profitiert. Und Covid-19 hat dem Konzept weiteren Auftrieb gegeben. In einer kürzlich durchgeführten Studie des australischen Logistikkonzerns Toll Group stellte sich heraus, dass über ein Viertel der befragten Unternehmen bereits einen Teil der Aufträge aus China abgezogen haben oder dies in den kommenden drei Jahren tun wollen. 32% wollen dabei eventuell nach Vietnam gehen, 30% nach Indien.8

    In manchen Bereichen wollen auch die Regierungen die Abhängigkeit ihrer jeweiligen Länder von wichtigen Bauteilen aus dem Ausland verringern. Die USA, die Europäische Union und andere Regionen planen jeweils den Aufbau einer eigenen Chipindustrie. Langfristig kann dies zur Bekämpfung der globalen Engpässe bei Chips beitragen, die sich aus der steigenden Nachfrage nach Autos und anderen Produkten, für die die Chips benötigt werden, sowie durch pandemiebedingte Herstellungsprobleme ergeben.

    Längerfristig könnten die zuletzt verstärkten geopolitischen Spannungen zu einer Polarisierung zwischen den beiden bedeutsamsten globalen Wirtschaftssystemen führen, die sich um die USA bzw. um China gruppieren. Dadurch könnte sich die Umgestaltung der Lieferketten beschleunigen, und es könnte sogar zu Reshoring, also der Rückverlagerung der Produktion ins Heimatland, kommen.
  3. Investitionen in Technologie:

    Die jüngsten Verwerfungen haben unter anderem gezeigt, dass nur sehr wenige Unternehmen alle Stationen ihrer Lieferketten im Blick haben. Zudem brachte das Arbeiten im Homeoffice seine eigenen Herausforderungen mit sich. Einer Umfrage von McKinsey & Company aus dem Jahr 2021 zufolge waren nur 2% der Endabnehmer über mehr als zwei Stufen hinaus über ihre Lieferkette im Bilde. Sie kannten also lediglich ihre direkten Lieferanten und deren Zulieferer.9 An dieser Stelle können moderne Analyseverfahren die Unternehmen bei der Risikoplanung und -vorsorge unterstützen. Immer mehr Unternehmen stützen sich auf gesammelte Daten, um Entwicklungen zu simulieren oder weitreichendere Erkenntnisse zu gewinnen. In derselben McKinsey-Umfrage zeigte sich, dass Unternehmen, die nach eigenem Bekunden gut in der Pandemie zurechtgekommen waren, mit 2,5-fach so hoher Wahrscheinlichkeit auch schon vorher auf moderne Analysetechniken zurückgegriffen hatten.

    Auch durch Robotik ändern sich Lieferketten grundlegend. In den vergangenen Jahren setzten die Unternehmen als Reaktion auf steigende Lohnkosten immer mehr Roboter ein. Und in der Pandemie gewannen Roboter zusätzlich an Bedeutung, weil Arbeitskräfte knapp wurden. Roboter sind inzwischen preiswerter und fähiger denn je. Sie können Routineaufgaben wie Lagerbestandsprüfungen oder Lieferprozesse schneller und effizienter als ihre menschlichen Kollegen erledigen, so dass sich die Beschäftigten auf Aufgaben mit höherer Wertschöpfung konzentrieren können.

Was bedeutet Disruption auf diesem Gebiet für die Anleger?

Durch die Disruption können die Gewinnmargen der Unternehmen vor allem in Sektoren, die – wie z.B. die Industrie – besonders anfällig für Lieferengpässe sind, unter Druck geraten. Gleichzeitig wird aber auch die Innovationstätigkeit auf breiter Basis gefördert. Daraus entstehen Chancen für Anleger.

Hier möchten wir Ihnen vier Anlageideen für eine Welt mit angespannten Lieferketten vorstellen:

  • Datenzentren: Der Welthandel wurde ernsthaft aus dem Tritt gebracht. Deshalb versuchen immer mehr Unternehmen, ihre komplexen Lieferketten besser in den Griff zu bekommen. Dadurch ist die Nachfrage nach Datenzentren und der dafür erforderlichen Technologie gestiegen, denn so lässt sich die Umstellung auf digitale Transaktionen und Operationen besser bewältigen. Die Pandemie hat die Tendenz zum Online-Shopping und zur Arbeit im Homeoffice beschleunigt. Daraus ergibt sich zusätzlicher Rückenwind für Datenzentren, die bereits von der Datenspeicherung in der Cloud, den steigenden Zahlen von ans Internet angebundenen Endgeräten, dem E-Commerce und der Nutzung von Streamingdiensten profitierten. Alles in allem sind die Investitionen in diesem Sektor aufgrund der genannten Faktoren im Jahr 2021 nach Angaben von JLL um 60% in die Höhe geschnellt. Weitere Anlagechancen bieten sich bei den Herstellern von Ausrüstungsgegenständen für die Datenzentren und bei den entsprechenden Dienstleistern. In Großbritannien, dem zweitgrößten Datenzentrenmarkt der Welt, wird die Entwicklung durch den Brexit zusätzlich beschleunigt, weil immer mehr Unternehmen aufgrund der Umstellung auf spezifisch britische Datenschutzgesetze Datenzentren eröffnen oder ausbauen. Aufgrund von staatlichen Vorgaben wächst die Nachfrage auch in anderen Ländern. So gelten in China, der Türkei, Australien, Frankreich und Deutschland bestimmte Anforderungen an die Datenlokalisierung, denen zufolge persönliche Daten der Einwohner lokal gespeichert werden müssen.10

    Fazit für Anleger: Datenzentren bieten Diversifizierungsmöglichkeiten und ein Engagement in Vermögenswerten mit langfristigen Wachstumstreibern.
  • Agrartechnologie: Die russische Regierung hat vor Kurzem den Export von über 200 Produkten verboten, darunter auch wichtige Agrarrohstoffe wie Weizen, Zucker und landwirtschaftliches Gerät. Russland und die Ukraine gehören zu den größten Erzeugern von Sonnenblumenöl, was weitere Verwerfungen an den Lebensmittelmärkten ausgelöst hat. Die geringere Aussaat in der Ukraine, einem wichtigen Exporteur von Agrarrohstoffen wie Weizen und Roggen, haben Sorgen um die Lebensmittelsicherheit weiter verstärkt. Da die Lebensmittelpreise bereits im Februar 2022 Rekordhöchststände erreicht haben, könnten alternative Lieferanten wie die USA und Lateinamerika höhere Einnahmen aus der Landwirtschaft erzielen. Daraus ergeben sich Möglichkeiten für Investitionen in Agrartechnologie und Bewässerungsausrüstung. Die langfristigen Wachstumsaussichten des Sektors haben sich in den vergangenen Jahren verbessert, weil immer mehr Länder ihre Lebensmittelversorgung krisenfester gestalten wollen, um nicht so stark von Naturereignissen wie Dürren oder Überschwemmungen in Mitleidenschaft gezogen zu werden, die durch den Klimawandel immer häufiger werden. Die Covid-19-Pandemie spielt an dieser Stelle ebenfalls eine Rolle, weil die Preise für Agrarrohstoffe aufgrund von Angebotsengpässen in die Höhe schnellten. Wagniskapitalinvestitionen in Agrartechnologie (worunter alles vom Einsatz von Robotern bis hin zu GPS-Technologie fällt) schnellten 2020 um 41% gegenüber dem Vorjahr auf 7,9 Milliarden USDollar in die Höhe.11  Und sie dürften noch weiter ansteigen, weil moderne Anbautechnologie eine Reduzierung des Wasser-, Dünger- und Pestizideinsatzes ermöglicht.

    Fazit für Anleger: Durch den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland dürfte Lebensmittelsicherheit stärker ins Blickfeld rücken. Davon sollte ein Sektor profitieren, der langfristig gerade auch angesichts des Klimawandels eine integrale Rolle für die Sicherung der weltweiten Lebensmittelversorgung spielt.

Wagniskapital-Investitionen für Agrartechnologie

Anstieg auf 7,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 von 5,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019, also um 41%12

  • Erneuerbare Energien: Die Preise für fossile Energieträger sind im Zuge der RusslandUkraine-Krise in die Höhe geschnellt. Dies zeigt erneut, wie abhängig die Weltwirtschaft von den volatilen Energiemärkten ist. Die Sanktionen – unter anderem haben die USA und Großbritannien Öl- und Gasimporte aus Russland verboten, und Deutschland plant, bis Ende 2022 kein Öl mehr aus Russland zu importieren – erhöhen die Unsicherheit über die künftige globale Versorgung mit fossilen Brennstoffen. Die Disruption wird zu höheren Investitionen in erneuerbare Energien führen. Dies gilt vor allem für Europa, das 45% seiner Erdgasimporte und etwa ein Drittel seiner Ölimporte aus Russland bezieht, denn die einzelnen Länder wollen unabhängiger von importierter Energie werden.13 Erneuerbare Energien werden vor Ort erzeugt und sind damit eine besonders effektive Strategie, um die Abhängigkeit von internationalen Energielieferungen zu verringern. Europa strebt schon seit langem eine Energiewende an. Die EU-Kommission hat verschiedene Pläne für die Klima-, Energie-, Transport- und Steuerpolitik der EU verabschiedet, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Durch die Krise sollten die fiskalischen Anreize und die politische Unterstützung für alternative Energiequellen deutlich ansteigen, denn langfristige Zeitpläne dürften beschleunigt umgesetzt werden, das regulatorische Umfeld sollte günstiger gestaltet werden, und die entsprechenden Ausgaben sollten ansteigen.

    Fazit für Anleger: Im Zuge des Ukrainekonflikts dürfte die politische und finanzielle Förderung von erneuerbaren Energien verstärkt werden. Dafür dürfte beträchtliches Kapital von privaten Anlegern erforderlich sein.
  • Robotik: Zahlreiche Unternehmen sehen Roboter zunehmend als geeignetes Mittel an, um die steigende Komplexität der Lieferketten – vom Management eines verstärkten Lageraufbaus bis hin zur effizienteren Verpackung von Lieferungen – in den Griff zu bekommen. In einigen Sektoren findet eine Deglobalisierung statt, was für die Unternehmen zu Kostensteigerungen aufgrund höherer Löhne, insgesamt höherer Inflation und Angebotsschocks führt. Damit gelten Investitionen in Automatisierung und Robotik zunehmend als Möglichkeit, Risiken für die fragilen Lieferketten abzupuffern. Welches Potenzial bieten also höhere Investitionen in Robotik auf längere Sicht? Derzeit werden im verarbeitenden Gewerbe weltweit pro 10.000 Beschäftigte rund 126 Industrieroboter eingesetzt, woraus sich eine Roboterdichte von rund 1% ergibt. An wichtigen Produktionsstandorten wie Südkorea und Singapur liegt die Roboterdichte im hohen einstelligen Bereich. Dies deutet auf das künftige Wachstumspotenzial in Märkten wie China, die USA und Frankreich hin, wo die Dichte sehr viel geringer ist (vgl. Abbildung 2).14

    Fazit für Anleger: Entlang der gesamten Lieferkette werden die Unternehmen verstärkt auf Roboter zurückgreifen, um ihre Liefertätigkeit zu verbessern und ihr Geschäft gegen Angebots- und Kostenrisiken abzusichern.
Abbildung 2: Roboterdichte im verarbeitenden Gewerbe

Abbildung 2: Roboterdichte im verarbeitenden Gewerbe

Anm.: Robot density nearly doubled globally – International Federation of Robotics (ifr.org)
Quelle: World Robotics 2021.

Wie sind die Aussichten für die Lieferketten?

Vor der Invasion in die Ukraine waren wir für die zweite Jahreshälfte 2022 von einer Erholung des Produktionswachstums und damit auch der Lieferketten ausgegangen. Die Krise ist jedoch ein neuerliches Hindernis für die Weltwirtschaft und verstärkt die Abwärtsrisiken für eine allmähliche Erholung nach der Covid-19-Pandemie.

Vieles hängt vom weiteren Verlauf der Invasion und von den Sanktionen des Westens gegen Russland ab.

Die Krise hat nicht nur zu einem kräftigen Anstieg der Rohstoffpreise, sondern auch zu Verwerfungen im gesamten Unternehmenssektor geführt: Speditionen setzen Lieferungen nach Russland aus, Ölkonzerne wollen Geschäftsbereiche verkaufen, und einige Unternehmen ziehen sich vollständig aus Russland zurück. Zudem wurden einige russische Banken vom globalen Finanzsystem abgeschnitten, was den Handel zusätzlich erschweren wird.

Gleichzeitig bestehen die pandemiebedingten Herausforderungen fort. Die jüngsten Lockdowns in wichtigen chinesischen Regionen richten neue Hürden für den globalen Handel auf.

Auch die anhaltende, langfristige Deglobalisierung in einigen Sektoren führt zu Schwierigkeiten. So wird die Strategie der zwei Kreisläufe in China, mit der einerseits der einheimische Konsum angekurbelt und andererseits die Position im verarbeitenden Gewerbe international gefestigt werden soll, die Rolle des zweitgrößten Güterhändlers der Welt im Rahmen der Weltwirtschaft und die Entwicklung der Lieferketten auf Jahre hinaus beeinflussen.

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1 Zusätzlich kam noch der sogenannte Peitscheneffekt zum Tragen: Nachfrageveränderungen auf der Verbraucherebene schaukeln sich wegen immer stärkerer Bestellschwankungen auf den vorgelagerten Stufen der Lieferkette (vom Einzelhändler zum Großhändler und zum Hersteller) hoch. So kann ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage entstehen.
Quelle: Freight Waves: Imports take "dramatically longer" to reach US as bottlenecks bite, Januar 2022
Quelle: Freight Waves: Imports take "dramatically longer" to reach US as bottlenecks bite, Januar 2022
Quelle: CNBC: How the Russia-Ukraine war is worsening shipping snarls and pushing up freight rates, März 2022
Quelle: Reuters: Hyundai to halt South Korea output as China virus disrupts parts supply, Februar 2022
Quelle: Gartner Research: Supply Chain Executive Report: Future of Supply Chain — Crisis Shapes the Profession
Quelle: Reuters: How global supply chains are falling out of fashion, September 2021
Quelle: Toll Group: https://www.tollgroup.com/future-logistics/how-covid-19-has-accelerated-china-plus-one
Quelle: McKinsey & Company: How COVID-19 is reshaping supply chains, November 2021
10 Quelle: United States International Trade Commission: Data Centers Around the World: A Quick Look, Mai 2021
11 Quelle: AgFunder: 2021 Farm Tech Investment Report
12 Quelle: AgFunder: 2021 Farm Tech Investment Report
13 Quelle: International Energy Agency: Frequently Asked Questions on Energy Security, März 2022
14 Quelle: International Federation of Robotics: Robot density nearly doubled globally , Dezember 2021

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Inflationsabsicherung: Wie wäre es mit diesen Sektoren und Anlagestilen?

Hafen mit Frachtschiff

Zusammenfassung

Wenn die Inflation längere Zeit auf einem disruptiv hohen Niveau verharrt, kann es sich für die Anleger lohnen, ihr Kapital verstärkt in bestimmte Aktiensektoren und Anlagestile zu lenken. So haben die Sektoren Energie und zyklische Konsumgüter in der Vergangenheit bei hohen Inflationsraten besser abgeschnitten als die Sektoren Grundbedarfsgüter und Versorger. Auch die Anlagestile Value, Momentum und Quality haben sich im Durchschnitt gut entwickelt.

Zentrale Erkenntnisse

  • Unternehmen aus dem Energie- und Grundstoffsektor weisen (neben anderen) eine engere Bindung an physische Vermögenswerte und Rohstoffe auf. Das bedeutet, dass der Wert ihrer Aktiva und die Preise für ihre Produkte bei einer Inflationsbeschleunigung tendenziell ansteigen
  • Für Anleger, die auf Style Investing setzen, könnten die Stile Value, Momentum und Quality interessant sein, die sich Researchergebnissen zufolge in Phasen mit hohen Inflationsraten tendenziell überdurchschnittlich entwickelt haben
  • Die Inflation ist unter anderem deshalb so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, weil die Pandemie die globalen Lieferketten insgesamt unterbrochen und die Invasion der Ukraine insbesondere die Versorgung mit Energie, Dünger und Getreide gestört hat

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